Es war Freitag, der 14.7., der letzte Tag vor den großen Schulferien. Meine Tutorin wies mich noch einmal darauf hin, dass meine Versetzung gefährdet sei. Sie war ja echt lieb und nett, aber so richtig beeindrucken konnte mich das alles nicht. Vielleicht sollte sie mal Schlüsse ziehen aus der Tatsache, dass mein Alter noch nie nüchtern zu Elternabenden und Besprechungen mit Lehrern (auch mit ihr) gekommen war. Meine Mutter ging niemals zu solchen Veranstaltungen. Ihre Hilfe beschränkte sich darauf, mit bei Hausaufgaben über die Schulter zu schauen und mit eine Ohrfeige zu verpassen, wenn ihrer Ansicht nach etwas nicht richtig gemacht wurde. Zum Glück war sie meist schon zu betrunken, um genau lesen zu können, was ich da schrieb. Ne, wirklich!  So etwas würde ich mit meinen Kinder niemals machen, falls ich je welche hätte.

Endlich 12.00 Uhr! Helmuth wartete schon mit seinem klapprigen, alten Wagen und wir verstauten unsere Rücksäcke. Dann ging es los Richtung Süden zu einer Raststätte, von wo aus wir in die Freiheit trampen würden.

Es war ein geiles Gefühl! Wir saßen in einem Mini-Bus und fuhren Richtung Süden. Es waren, glaube ich, Jugoslawen, die uns mitnahmen. Hinter uns ging in einem riesigen Feuerball die Sonne unter. Hinter uns lagen die Schule, die Probleme, besoffene Eltern, die Perspektivlosigkeit, die Einsamkeit eines Hamster im Laufrad. Welch ein Glück für den Hamster, dass er seine traurige Situation nicht begriff. Aber ich war kein Hamster, ich begriff sehr wohl, dass ich da raus wollte. Aber wie?

Doch das war nun alles egal, alles war hinter mir, alles und ich war glücklich. Die Autobahn, die Freiheit! Weit weg!

Wir erreichten Brüssel und ohne Pause ging es per Tramp weiter nach Dover. Dort checkten wir ein und verbrachten die Nacht unbequem aber frei und glücklich in unseren Schlafsäcken auf dem Fußboden des Schiffes.

 

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